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Blutmond (Dracula)

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Beitrag von Arawn Mi Jun 19, 2013 2:53 am

Blutmond
Prolog


Telegramm von Lowan Kohlefabrik an Tower, McGrey & Co.
2.7.1887


Holen Sie morgen 6:57 pm am Hafen fünf Kisten ab und liefern Sie sie an die Lagerhalle des gleichnamigen Unternehmens in Wandsworth.
Bringen Sie die Lieferung noch vor Mitternacht, erhalten Sie einen Bonus von fünf Pfund Bonus für jede Stunde, die noch bis Sonnenaufgang verstreicht.


D.L.


Telegramm von Tower, McGrey & Co. An Lowan Kohlefabrik
4.7.1887


Wir freuen uns, ihren Auftrag zufriedenstellend ausgeführt zu haben und hoffen auf weitere Zusammenarbeit.


Telegramm von Lowan Kohlefabrik an Tower, McGrey & Co.
11.7.1887


Morgen kommt eine erneute Lieferung von zehn Kisten an. Selbe Konditionen wie zuvor.
Ich hoffe auf erneute gute Zusammenarbeit.


D.L.


Bericht aus der Gazette
20.10.1887


Lagerhausbrand – dramatisches Ende einer florierenden Fabrik!


Am 19.10. um 8:32 p.m. loderten meterhoch Flammen in den Nachthimmel. Das Lagerhaus des aufstrebenden Unternehmens Lowan Kohlefabrik stand in Flammen.
Unzählige Kisten mit Holz verbrannten und somit ein Vermögen von rund 10.000 Pfund.
Wie es zu dem Brand kam, ist unklar, aber einem Augeneuge zufolge soll ein kürzlich aus der Nervenheilanstalt entflohener Patient in der Nähe gesehen worden sein. Der Leiter des Sanatoriums, Dr. J. Seward, streitet dies ab. Der Patient sei zwar geflohen, doch er betonte, dass er bereits in der Nähe der Kapellenruine von Carfax – das Nachbargrundstück – wieder gefasst und zurückgebracht wurde.
Die Polizei ermittelt.
Sicher ist, dass diese Firma sich nun auflöst.


Das Tagebuch von Dr. Jack Seward


20. Oktober
morgens


Die Nachtwache kam hereingestürmt. Er erzählte, der Patient Renfield sei verschwunden. Es war in letzter Zeit oft vorgekommen, dass er ausbrach. Es bestand kein Grund zur Sorge, wie sich zeigte, denn wie immer fanden wir ihn bei der alten Ruine.
Offenbar hatte er eine Ratte verfolgt, denn diese verspeiste er gerade, als wir ankamen. So oft ich ihn auch Fliegen und Spinnen essen sah, war es immer wieder ein abstoßender Anblick.
Er murmelte nur: „Danke, Meister, danke!“
Es war seltsam. Er sprach oft vom Leben, dass er sich aneignete, doch seit einigen Wochen zunehmend vom „Meister“ und vom „gnädigen Herrn“. Ich fragte ihn, ob er damit Gott meinte und spöttisch zu mir und antwortete:
Nein, Herr Doktor! Auf welch dumme Gedanken sie kommen! Er ist mein Meister, nicht Gott! Ich sehe, Sie verstehen nicht, aber wie sollten sie auch! Nennt ein Diener seinen Herren Gott? Natürlich nicht! Sie kommen auf wirklich dumme Gedanken!“
Als ich ihn fragte, wer denn sein Meister sei, schwieg er und tat, als bemerke er mich nicht. Ein Verhalten, was er immer an den Tag legte, wenn ich ihn fragte, wer sein Meister ist.
Ich bin mir sicher, wenn ich das herausfinde, werde ich seiner Heilung einen Schritt näher sein.


Abends


Die Polizei erschien und kurz darauf war auch ein Reporter da.
Renfield soll in der Nähe eines Brandes gesehen worden sein. Das muss eine Verwechslung gewesen sein, auch wenn es mich irritierte, dass sie von Renfields Flucht wussten... vielleicht war er durch die Stadt gelaufen? Aber zu Fuß hätte er die Strecke nie in der kurzen Zeit zurücklegen können und eine Kutsche hätte ihn nie mitgenommen. Selbst wenn, spätestens als er nicht zahlen konnte, hätte man mich informiert, um das Geld einzufordern.
Nachdem ich erklärt hatte, warum es Renfield unmöglich hätte sein können, verschwanden sie wieder.
Renfield wurde ein immer interessanter Fall. Vor zwei Jahren hatte man ihn bewusstlos auf einem Friedhof gefunden und als er auf der Polizeistation aufwachte und „wirres Zeug“ redete, hatte man ihn bei mir abgeliefert.
Verwandte hatte er keine. Die einzige Verbindung zu seiner Vergangenheit war die Anwaltskanlei von Mr. Hawkins, der ihn als sehr ordentlichen, gewissenhaften und manchmal auch etwas zurückhaltenden Mann beschrieb. Ob er ihn nicht allzuschlecht dastellen wollte, wusste ich erst nicht, doch Renfields Wohnung zeigte das Bild eines schon fast überordentlichen Menschen, der für die Arbeit lebte.
Ich hatte gehofft, dass er bezüglich der Gesetzbücher irgendwie zu seiner Vergangenheit sagte, doch er erwiderte nur, er würde die Welt nun klar sehen und dass diese „dummen Gesetze der anderen“ hinfällig wären. Höchst seltsam, denn es war, als wäre er eine ganz andere Person. Ich erfuhr, dass Renfield zu einem ausländichen Auftraggeber gefahren war, mehr verriet Hawkins nicht.
Und nun war Renfield ein zophagischer - Tiere verspeisender – Mann in oft gebückter, demütiger Haltung, wenn er nicht gerade wieder spöttisch auf jeden herabblickte und sehr launisch. Zudem war sein ganzes Erscheinung schmuddelig. Würde ich nicht wissen, dass das Renfield war, dann würde ich nicht glauben, dass er vor zwei Jahren noch ein eifriger Anwalt mittleren Alters mit aufrechter Haltung und einem rätselhaften Gesicht gewesen war. Er hatte seine Gefühle verborgen, nun zeigte er sie so offen, wie ein Kind.
Ich hatte so etwas noch nie erlebt...
Nun werde ich schlafen. Es war ein anstrengender Tag.


Journal von Mina Murray


20. Oktober 1887


Ich sitze gerade im Zug auf dem Weg nach Bistriz. Obwohl es eine wundervolle Landschaft ist, kann ich sie nicht genießen. Zu sehr sind meine Gedanken bei meinem Verlobten.
Der Brief, der mich erreichte, sagte nicht so viel aus. Nur dass mein armer Jonathan einer Krankheit zum Opfer fiel, sich aber schon auf dem Weg der Besserung befinde.
Wie mag es ihm wohl gehen? Welch Unglück, dass ihn diese Krankheit so weit weg von mir ereilt hatte! Ich wünschte, ich könnte mich darüber freuen, dass Jonathan mich in den nächsten Tagen bereits heiraten wird, aber die Sorge ist einfach zu groß!


Brief von Mina Harker an Lucy Westenra


26. Oktober


Meine liebe Lucy,


du liest richtig. Ich heiße nun Mina Harker! Gestern hat Jonathan mir sein Ja-Wort gegeben! Ich wünschte, ich könnte mein Glück in Worte fassen! Aber ich glaube, bald wirst du dasselbe Glück genießen und verstehen, warum es dafür keine Worte gibt.
Es war nur der Priester, einige Schwestern und wir Beide anwesend – wie hatte ich mir gewünscht, du wärst dabei gewesen – und obwohl Jonathan noch krank und erschöpft ist, habe ich ihn selten so glücklich gesehen.
Ach, meine liebe Lucy, ich glaube auch dich, die du doch einen anderen liebst, hätte sein Blick in diesem Moment hinfortgerissen. Weit weg von all den Sorgen in eine nahezu vollkommene Glückseligkeit!
Ich kann es selbst jetzt kaum glauben, Jonathan meinen Ehemann nennen zu dürfen! Für eine Frau kann es wohl nichts Schöneres geben!
Ich werde dir so viel erzählen zu haben, wenn wir zurück sind! Leider wird Jonathan erst in zwei Wochen kräftig genug für eine solche Reise sein.
Wie geht es dir und deinem Arthur? Wann werdet ihr heiraten?
Ach ich bin so glücklich!


Deine überglückliche Mina


Brief von Mina Harker an Lucy Westenra
(ungeöffnet)


15. Oktober


Liebe Lucy. Wir sind vorgestern in London angekommen.
Jonathan hat die lange Fahrt sehr angestrengt, so dass wir so bald wohl leider nicht nach Whitby kommen können.
Warum schreibst du nicht zurück? Vereinnahmen dich die eigenen Hochzeitsvorbereitungen? Dann kann ich hoffen, dass es dir wieder gut geht.


Deine Mina


Telegramm von Prof. Abraham van Helsing an Mina Harker


Liebe Mrs. Harker,


als Arzt und Freund der teuren Ms Lucy ist es meine traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass diese vor wenigen Tagen starb und vor drei Tagen beerdigt wurde.


In tiefster Anteilname


Abraham van Helsing


Tagebuch von Dr. Jack Seward


10. Oktober


Heute ist für uns alle ein trostloser, trauriger Tag, der uns alle zutiefst erschüttert. Trotz unseren unermüdlichen Bemühungen war es uns nicht möglich, Lucy zu retten. Keine Worte könnten die Trauer und Verzweiflung auch nur ansatzweise widerspiegeln. Mein früherer Mentor und nun teurer Freund Professor Abraham van Helsing war ohne zu Zögern nach London geeilt um mir und damit Lucy zu helfen.
Es war seltsam wie er sich in den letzten Minuten gebärdet hatte und Arthur von seiner sterbenden Frau weggerissen hatte. Vielleicht war es einer der hysterischen Anfälle, die er die letzten Tage hatte. Der früher so ruhige und nachdenkliche, mit verstecktem Humor versehene, Professor hatte die letzten Tage sich manchmal so anders gezeigt, wie ich ihn nie erlebt hatte. Doch wen hätte es nicht das Herz gebrochen, hilflos zusehen zu müssen, wie die liebenswerte Lucy zugrunde ging.
Ich kann noch immer nicht glauben, dass ihr bezauberndes Lachen für immer verloschen ist.
Der Professor hat uns nach Hause geschickt.
Er kümmert sich um alles Nötige und dafür bin ich ihm dankbar. Selbst jetzt scheint sein Verstand unermüdlich weiterzuarbeiten, wo wir alle die Hoffnung verlieren und uns die Trauer überwältigt. Ich werde mich später meinem Patienten zuwenden. Ich glaube, die Arbeit wird mir helfen, mich abzulenken.


Das Memorandum des van Helsing


21. Oktober 1887


Ich führe selten ein Tagebuch, doch habe ich nun die traurige Gewissheit:
Lucy ist das Opfer eines Nosferatu – einem Un-Toten.
Wie grässlich ist es, sich darauf einzulassen, den Legenden Glauben zu schenken! Ich bin immer offen für die Dinge, die uns schlichtweg unmöglich erscheinen. Warum kann die liebe Miss Lucy nicht ein friedliches Leben führen? Während ich alt bin und mein Leben leer und ohne Bedeutung, wird einem jungen Mädchen in der Blüte ihres Lebens und ihrer Jugend das Glück verwährt und das Leben gestohlen.
Wie grausam diese Welt doch ist!
Und doch darf ich keine Zeit verlieren! Jetzt geht es um mehr, als um den Tod eines jungen Mädchen. Doch diesen Kampf kann ich nicht allein führen.
Während ich dies schreibe, warte ich auf meinen Zug, der mich dem Bösen und dem Verderben des Lebens junger, starker Männer entgegenbringt, zurück nach London.
Alea iacta est.


Notizen von R.M. Renfield


Heute kam wieder der Herr Doktor. Kein schlechter Mann, aber so unwissend und engstirnig! Ich bat ihn um eine Katze – nein ein kleines Kätzchen! -, eine Bitte, die er mir hätte problemlos erfüllen können. Ich war etwas ungehalten, als er ablehnte, aber wer kann es mir verübeln, wenn er gesehen hätte, was ich sah. Wenn er wüsste, was ich weiß!
Der Herr Doktor hält mich für verrückt. Vielleicht hat er sogar Recht, sonst wäre ich ja nicht hier. Aber offensichtlich wird alles, was nicht schwarz auf weiß steht, als verrückt abgetan...
Aber der Meister wird mich mit unzähligen Leben belohnen! So viel, dass ich den Zerfall des Sanatoriums erleben werde und dann bin ich ein freier Mann!
Aber bis dahin muss ich geduldig sein. Und vielleicht sollte ich auch Mitleid haben. Der werte Herr Doktor hat seine Geliebte verloren – ohne zu wissen, dass sie nicht richtig tot ist.
Nun werde ich mich meinen Spinnen zuwenden. Das Papier ist alle... Was soll ich gefährliches damit anstellen? Hin und wieder borge ich mir ungefragt eines vom Herrn Doktor, wenn er nicht aufpasst.
Es ist kein Stehlen. Wenn er es vermisst, könnte er es jederzeit wieder zurückholen, aber das tut er nicht. Würde ich ihn fragen, würde er es versuchen zu lesen und dann wäre der Meister wütend...


Das Tagebuch von Jonathan Harker


19. November


Es ist so viel geschehen, dass ich entgegen meines Schwurs, nie wieder etwas in dieses Buch zu schreiben, nun doch wieder den Stift zur Hand nehme. Es ist einfach so viel geschehen und hätte ich es nicht selbst erlebt, würde ich es nicht glauben. Selbst mir erscheint es nun, da ich es niederschreiben werde, unwirklich...
Der Professor war ein Geschenk des Himmels, das bemerkte ich, noch bevor ich ihn selbst sah. Nie hätte ich gedacht, meine schrecklichen Erlebnisse auf der Burg des Grafen, würden geglaubt und gar als wahr bezeichnet werden. Selbstzweifel hatten mich zerfressen...
Doch nach und nach setzte sich alles wie ein Puzzle zusammen. Lucys Tod, das Versteck des Grafen, die vielen Agenten von ihm, die vielen Namen und gekaufte Häuser...
Ich war heute unterwegs um das letzte Versteck des Grafen auszumachen!
Nur mache ich mir langsam Sorgen. Der Professor war gestern Morgen eilig aufgebrochen nach Amsterdam und wollte am Abend zurückkommen. Nun ist es schon Mittag des nächsten Tages und kein Lebenszeichen... ich hoffe, es geht ihm gut...
Mina ruft nach mir.
Meister


Das Memorandum des Prof. van Helsing


18. November


Ich habe ein Telegramm von der Universität bekommen. Offenbar hatte mein Bekannter ein paar Bücher über Mythologien entdeckt. Eigentlich galten sie als vermisst. Wahrscheinlich hat ein Student sie zurückgebracht. Leider wurden sie aus eben diesen Grund nicht wieder verliehen und nun musste ich in die Universität zurückkehren. Aber jeder noch so kleine Hinweis über unseren Feind kann über Leben und Tod entscheiden...


später


Ich sitze gerade in einer Kutsche zurück nach Whitby zu den anderen. Die Bücher haben mir weitergeholfen, ein klares Bild von dem Grafen und somit seinen Gedankengängen verschaffen.
Ich glaube, nun können wir seine Schritte besser vorausahnen. Ich werde das unbedingt heute Abe


Bericht aus der Gazette
19.11.1887


Kutschunglück kostet Kutscher das Leben!


Gestern gegen sieben Uhr am Abend ereignete sich auf der Lanchester Street ein tragisches Unglück.
Aus einem bisher ungeklärten Grund verlor der Kutscher G. Steven die Kontrolle über seine Kutsche. Offensichtlich verlor er das Gleichgewicht und fiel vom Kutschbock, wodurch er von den Pferden niedergetrampelt wurde, denn er wies mehrere Brüche auf. Seltsamerweise fand sich kaum Blut am Ort des Geschehens, wie man es nach solch einem Unfall erwarten sollte.
Der Gerichtsmediziner H. Kingsley erklärte, dass es ungewöhnlich, aber nicht auszuschließen sei. Scheinbar hatte das Opfer überwiegend innere Verletzungen, weshalb kaum Blut vorzufinden sei.
Die Leiche wird derzeit untersucht.
Die Kutsche fuhr führerlos die Straße entlang, verletzte dabei einen Mann, dessen Identität noch unbekannt ist und der nun im Krankenhaus behandelt wird.
Mehr ist bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt, doch sollte es neue Ergebnisse geben, informieren wir sie zuerst, verehrte Leser.


Telegramm von dem St. Marys Hospital an Dr. J. Seward
21. November 1887


Dr. J. Seward,
wir wurden angewiesen, Sie zu kontaktieren, in dem Falle, dass Abraham van Helsing etwas zustößt, wie wir den Papieren, die er bei sich trug, entnehmen konnten.
Er befindet sich seit einigen Tagen in unserem Krankenhaus und da er zur Zeit dieses Telegramms noch ohne Bewusstsein ist, fanden wir dieses Schreiben erst jetzt.


Dr. K. Leafson


Tagebuch von Dr. Jack Seward


21. November


Heute Mittag erreichte mich ein beunruhigendes Telegramm des St. Marys Hospitals.
Ich war verwundert und beunruhigt, dass sich der Professor so lange nicht gemeldet hatte, doch nun kenne ich den Grund: er hatte einen „Unfall“ auf dem Weg nach Whitby.
Es ist zuviel geschehen, als es für einen unglücklichen Zufall zu halten.
Natürlich habe ich mich gleich auf den Weg gemacht, um zu dem Professor zu gelangen.
Als ich ankam, war dieser gerade dabei, das Bewusstsein wiederzuerlangen, fast so, als hätte er auf mich gewartet.
Verständlicherweise war er irritiert, erinnerte sich dann aber, dass die Kutsche plötzlich in schneller werdenden Tempo ungehalten fuhr und als der Kutscher nicht antwortete, sah er nach draußen und bemerkte, dass der Kutscher nicht mehr da war. Doch als er versuchte, auf den Kutschbock zu klettern, kippte die Kutsche in einer Kurve um und er verlor den Halt. Was dann geschah, wusste er nicht.
Zu meiner Erleichterung war er glimpflich davongekommen. Einige Rippen sowie sein linker Arm waren gebrochen und neben einigen Schürfwunden und einer Platzwunde am Kopf, hatte er ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, befindet sich jedoch auf dem Weg der Besserung.
Viel beunruhigender waren zwei nur allzubekannte, kleine Wundmale an seinem Hals und wir wussten Beide, was das bedeutete. Einmal mehr bewunderte ich, dass der Professor noch immer einen scharfen Verstand bewies, wo andere wohl den Kopf verloren hätten.
Er ließ sich auf eigenen Wunsch hin entlassen und fuhr mit mir zum Sanatorium.
Er hatte mir aufgetragen, alle wichtigen Vorkehrungen zu treffen, um den Vampir fernzuhalten und mir auch eingeschärft, ihn wirklich zu töten, sollte er beginnen, zu einem Vampir werden.
Ich bete zu Gott, dass dies nie geschieht.
Im Moment befindet sich der Professor in seinem Zimmer. Ich werde später nach ihm sehen.


Abends


Als ich gegen zehn Uhr am Abend nach dem Professor sah, fand ich ihn schlafend vor, wobei er die ganze Zeit undeutlich im Schlaf sprach, doch ich bezweifle, dass es allzu erfreuliche Träume waren.
Sein Gesicht wirkte gequält. Ich befand, dass es besser wäre, ihn zu wecken, doch als ich das versuchte, öffnete er zwar die Augen, aber er sah mich nicht an, was mir irgendwie einen eisigen Schauer über den Rücken jagte, denn es schien nicht wirklich der Professor zu sein, der mich musterte.
Der Professor erhob sich mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre er völlig gesund. Er ging zu einem Fenster und ich bemerkte einen dichten Nebel draußen – ungewöhnlich dicht, was mich alarmierte.
Das Weihwasser, dass ich ihm ins Gesicht spritzte, weckte ihn auf und er sank unter einem Stöhnen zu Boden – offenbar machten sich seine Verletzungen nun bemerkbar.
Ich brachte ihn wieder zu Bett und erzählte ihm, was vorgefallen war, als er mich danach fragte.
Der Professor verlor nun doch die Fassung und der zuvor scheinbar mühsam zurückgehaltene Nervenzusammenbruch ereilte ihn jetzt.
Danach schwieg er lange, wobei sich seine Augenbrauen zusammenzogen und er konzentriert nachdachte, bevor er sagte:
Mein lieber Freund Jack. Ich bin dir sehr dankbar, mich vor einem folgenschweren Fehler bewahrt zu haben, doch befürchte ich, dass dieser Vorfall sich wiederholt. Ich bitte dich, mich so gut wie möglich zu fixieren, damit es mir vollkommen unmöglich ist, mich von selbst zu befreien, wenn ich schlafe. Ich bitte dich inständig. Hier geht es um das Wohl aller.“
Ich habe ihn fixiert, auch wenn ich sehe, dass es ihm Schmerzen bereitet.
Ich verabreichte ihm ein Morphium-Präperat und nun schläft er tief und fest, doch ich habe beschlossen, diese Nacht besser in seinem Zimmer zu verbringen, um sicher zu gehen.


Das Memorandum des Prof. van Helsings


22. November


Ich schreibe dies, während Freund Jack seinen Rundgang macht und weil ich es für zu wichtig erachte, als es in Vergessenheit geraten zu lassen. Das Schreiben fällt mir schwer, doch versuche ich es ausführlich zu machen.
Ich kam gestern Nachmittag gegen zwei Uhr in einem Londoner Krankenhaus zu mir, wo Jack im Zimmer stand und sagte, dass ich mich im Krankenhaus befinde. Erst wollte ich es nicht glauben und wusste gar nicht, wie und warum ich dorthin gebracht worden war, bis es mir einfiel und jede noch so kleine Erinnerung werde ich nun niederschreiben.
Ich fuhr am 18. November nach Amsterdam, um Nachforschungen, über Dracula anzustellen. Er war früher ein Feldherr und Fürst in Transsylvanien. Sein Name war Vlad Draculea, ein Mitglied des „Drachenordens“. Dieser kämpfte früher im Namen der Kirche gegen die Heiden. Sein berühmtester Kriegszug war wohl der gegen die Türken, was wohl auch in etwa der Zeitpunkt seiner Verwandlung sein dürfte.
In dieser Schlacht erhielt er den Namen Vlad Tépes – der Pfähler. Er hatte, nachdem er geschlagen wurde, sein Heer erneut gegen die Türken ins Türkenland marschieren lassen und nach seinem Sieg 40 000 Türken pfählen lassen.
Zu diesem Zeitpunkt verstarb seine Frau Erzebeth. Dies war wohl der Zeitpunkt seiner Verwandlung, denn auf dem Bild sah er genauso aus, wie er auch jetzt aussieht. Wer sein Schöpfer gewesen sein könnte, ist jedoch unbekannt.
Zudem geht aus den Texten hervor, dass er wohl ein schlechter Verlierer ist und auf Machtkämpfe aus ist, was wohl zu einer Art Trotzaktion gegen uns führn wird, was wir zu unserem Vorteil nutzen sollten. Dennoch ist er auch sehr intelligent und ein Stratege, zugleich aber auch gnadenlos zu seinen Opfern.
Als ich das herausgefunden hatte, nahm ich den nächsten Zug und Schiff gen London und dann eine Kutsche nach Whitby.
Ich schrieb in dieses Memorandum, um all dies festzuhalten, als die Fahrt zunehmend holpriger wurde, so dass ich meine Schreibarbeit unterbrechen musste.
Ich sah hinaus und bemerkte, dass wir zu schnell durch die Straßen fuhren, zudem in einem mir unbekanntem Gebiet.
Ich fragte, was los sei, doch es kam keine Antwort.
Ich sah aus dem Fenster, doch der Kutscher war nicht mehr zu sehen, was mir den Atem stocken ließ. Ich steckte dieses Memorandum ein, damit es nicht in die falschen Hände geriet und wagte ein waghalsiges Manöver. Ich lehnte mich aus der Kutsche und griff nach dem nächstbesten Halt und wollte eben versuchen, mich auf den Kutschbock zu schwingen, als ich plötzlich durch die Luft geschleudert wurde und aufschlug – danach weiß ich nichts mehr, ganz gleich, wie sehr ich versuche, mich zu erinnern...
Als Jack dann zu mir sagte, dass ich eindeutig von einem Vampir – Dracula! - gebissen wurde, kam Panik in mir auf und ich war kurz davor, in Hysterie zu verfallen, brachte aber all meine Kraft auf, um darüber nachzudenken, was ich tun sollte, denn in Panik auszubrechen half nicht weiter und es musste schnell gehandelt werden, da die Sonne bereits tiefer sank.
Sofort ließ ich mir von Jack aufhelfen und zu einem Arzt bringen und bat unverzüglich um meine Entlassung und Jack hatte zum Glück genug Geld dabei, um die Krankenhausrechnung zu begleichen und die Kutsche nach Whitby zu bezahlen.
Ich hing mir mein Kruzifix, das sich bei dem Sturz offenbar gelöst hatte, wieder um und ließ mir Knoblauch umhängen. Jack rieb Fenster- und Türrahmen mit Knoblauch ein und verteilte etwas Weihwasser im Zimmer, bevor ich mir gestattete zu schlafen, jedoch suchten mich seltsame... Träume auf.
Ich träumte von London bei Nacht, beschienen von einem blutroten Mond, der alles in ein unheimliches Licht tauchte.
Eine Gestalt tanzte entzückt bei den Ruinen der Kapelle von Carfax, doch ich konnte nur den Schemen erkennen und plötzlich hörte ich eine Stimme in meinem Kopf, die immer wieder und zunehmend eindringlicher zu mir sagte.
Ich bin dein Meister. Lade mich ein und ich schenke dir ewiges Leben.“
Plötzlich bekam ich Wasser ins Gesicht und mir wurde schlecht und schwarz vor Augen, als ein starker Schmerz meinen Kopf erfüllte und das Atmen fiel mir schwer. Ich bekam kaum mit, wie Jack mich daran hinderte, vollständig zu Boden zu sinken und mir aufhalf und stützend zum Bett half.
Erst als ich lag und etwas trank, ging es mir allmählich besser und ich hörte Jack zu, was geschehen war. Was Jack erzählte, erschütterte mich zutiefst und nun verlor ich die Beherrschung über mich. Ich weiß nicht, wie lange ich darum kämpfte, meine Fassung zurückzugewinnen. Für Angst und Tränen war keine Zeit.
Ich musste Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.
Also bat ich Jack, mich festzubinden. So würde ich nicht umherlaufen können. Ich bat ihn darüber hinaus noch, mich zu knebeln. Auch eine im Schlaf ausgesprochene Einladung würde ihm Zutritt gewähren. Offenbar hatte das Erfolg, denn es war nichts geschehen.

Notizen von R.M. Renfield


Der Herr Doktor kam wieder. Ich habe mir wieder ungefragt etwas Papier geliehen. Ob ihm auffiel, dass er hin und wieder nach meinem Besuch weniger Blätter hat?
Er sah müde aus, aber es ist kein Wunder. Der Herr Professor hörte nun auch die Stimme des Meisters, wenn er auch nicht sieht, was ich sehe! Dieses Privileg steht einzig und allein mir zu – ich, der ich das Blut des Meisters kosten durfte!
Aber ich habe gesehen, wie der Meister ihn hereingelegt hatte. Der Meister war wirklich clever! Er hat etwas von ihm getrunken und somit immer Verbindungen zu deren Verstecken!
Er war heute Nacht wieder gekommen. Er will zu der jungen Lady. Nicht die, die der Herr Doktor liebt, die ist tot. Nein, die von Jonathan Harker. Er war mein Gehilfe, doch dann an meiner Stelle zum Meister gegangen. Aber der Meister trank nicht von ihm. Er wollte die junge Lady.
Der Meister schickt mir bald neues Leben, aber zuvor will er testen, wie gut er den Professor beeinflussen kann. Aber er wird nur durch mich zu der jungen Lady kommen, das weiß ich!
Der werte Herr Doktor kommt.


Der Herr Doktor war mit der jungen Lady gekommen. Sie ist sehr höflich und genauso, wie ich – oder eher der Meister – sie kennen.
Sie fragte mich einige Sachen. Es war nichts über den Meister, also konnte ich beruhigt erzählen. Dann begann sie aber Dinge zu fragen, die darauf abzielten, etwas über den Meister zu erfahren, aber ich bin schlau. Also versuchte ich das Gespräch wieder in eine andere Richtung, weg vom Meister, zu lenken, aber sie blieb hartnäckig. Das gefiel mir nicht. Der Herr Doktor begann auch zu fragen!
Ich wollte und durfte nicht weitererzählen, also tat ich so, als würde ich sie nicht mehr bemerken. Der Doktor gab dann immer auf und so gingen sie auch jetzt wieder.
Meine Tiere sind nun alle weg, aber wenn eine Lady kommt, macht man Ordnung. Ich weiß doch, was sich gehört!
Der Meister wird heute wiederkommen.


Journal von Mina Harker


22. November 1887


Ich habe gestern erfahren, dass der Professor verletzt ist, was mich bekümmert, doch war er so erschöpft, dass er bereits schlief, als ich kam, jedoch schien es ihm heute schon besser zu gehen. Am Abend lief er bereits wieder, wenn er auch noch blass wirkte und gleich nach der Versammlung wieder verschwand.
Ich darf an den Besprechungen nicht mehr teilnehmen, was mich bedrückt, auch wenn es mich zugleich rührt, wie sehr sich diese Männer um mich sorgen.
Ich war heute am frühen Nachmittag mit Dr. Seward bei seinem Patienten Mister Renfield. Ich glaube, wie auch der Professor, dass zwischen ihm und Dracula eine Verbindung besteht.
Ich werde versuchen, den Besuch wortwörtlich wiederzugeben.
Ich ging zwei Uhr zweiundreißeig zu Renfield, begleitet von Dr. Seward.
Guten Tag, Mr. Renfield“, begrüßte ich ihn und er musterte mich.
Ich kenne Sie. Sie sind aber nicht die Frau, die der Herr Doktor heiraten wollte. Die ist tot“, entgegnete er.
Woher kennen Sie mich?“, fragte ich ihn und er schien einen Augenblick unsicher, aber keine Sekunde später – so dass ich an mir zweifel, ob es wirklich so war – hellte sich sein Gesicht auf.
Sie sind die Verlobte von Mr. Harker! Er hat von ihnen erzählt. Sicher sind Sie nun Mrs. Harker“, entgegnete er mit nahezu triumphierenden Tonfall.
Ja, aber woher kennen Sie meinen Mann, Mr. Renfield?“, entgegnete ich ein wenig irritiert.
Was für eine dumme Frage von einer klugen Frau! Er war mein Gehilfe bei Mr. Hawkins und nahm meinen Platz ein. Ist es nicht so, Herr Doktor? Sie haben Mr. Hawkins gefragt, nicht wahr?“, sagte er und sah zu Dr. Seward mit unverhohlener Ungeduldigkeit.
Ja, das habe ich“, gab Dr. Seward und wieder blitzte Triumph in Renfields Augen auf.
Wissen Sie, Mr. Renfield, Dr. Seward hat von Ihnen erzählt, auch dass sie glauben, dass im Blut die Lebensenergie ist“, erklärte ich ihm.
Ich glaube es nicht, ich weiß es. Schon immer war es so. Einige Völker tranken früher das Blut ihrer Feinde, um ihre Stärke in sich aufzunehmen. Und manche opferten ihren Göttern Blut, um ihnen die Lebensenergie zu schenken. Ohne Blut sterben die Menschen und Tiere, ganz gleich, welches Lebewesen. Das vereint uns alle“, klärte er mich übereifrig auf.
Aber daran glauben Sie erst, seit Sie zu ihrem Auslandsauftrag gereist sind“, hielt ich dagegen.
Transsylvanien ist schön und voller Mythen. Waren Sie schon in Transsylvanien, Mrs. Harker? Es ist schön dort. Das Essen schmeckt auch gut. Freundlich sind die Leute dort“, meinte Renfield plötzlich und mir entging nicht, dass er damit nur ablenken wollte. Offenbar war er da auf Dracula gestoßen.
Sie waren also dort, aber als sie wieder hier waren, hatten sie keinen Auftrag erfüllt, sondern waren als neuer Mensch zurückgekommen. Mr. Renfield, was ist in Transsylvanien passiert?“, fragte ich nun etwas direkter, verfluchte aber im selben Moment mich für diese Frage.
Ich habe mir die Natur angesehen und mit den Leuten unterhalten. Es ist ein interessantes Land“, erwiderte Renfield nur.
Ich war auch in Transsylvanien. Mein Mann war dort und ist krank geworden“, entgegnete ich.
Er hat meine Stelle eingenommen. Natürlich war er dort. Es gibt viele gefährliche Krankheiten dort“, entgegnete er.
Mein Mann war auf imn Schloss von dem Grafen Dracula. Waren Sie dort?“, fragte sie.
Das Schloss weit weg? Nein, ich sollte hin, aber ich hatte keine Lust mehr“, entgegnete er und mir war gleich klar, dass er log. Offenbar wusste auch Jack das.
Warum hatten sie keine Lust mehr?“
Das ist eine dumme, dumme Frage!“, brauste er plötzlich auf, wurde aber gleich wieder ruhig.
Was ist auf dem Schloss geschehen?“, fragte Dr. Seward ihn.
Ich war nicht auf dem Schloss! Ich war nicht dort! Ich war niemalsnie dort!“, entgegnete Mr. Renfield erregt.
Ihr stellt dumme Fragen und versteht nichts“, meinte er weiter.
Dann sah er weg, summte vor sich hin und ignorierte uns völlig. Darauf hin verließen wir die Zelle.
Am Abend erzählte ich dann von dem Gespräch und der Professor lauschte dem Ganzen schweigend.
Nun liege ich im Bett und warte auf Jonathan... Ich höre seine Schritte und werde meinen Eintrag für heute beenden.


Tagebuch von Dr. J. Seward


23. November


Der Professor hatte diese Nacht noch unruhiger als zuvor geschlafen und mehrfach versucht, sich zu befreien. Erinnerungen hatte er daran keine und so erzählte ich es ihm an Morgen, doch er schien nicht überrascht zu sein. Was er geträumt hatte, konnte er nur grob beschreiben, aber es war oft dasselbe. Ich weiß nicht, wer die Person war und der Professor wusste es auch nicht.
Ich glaube, es würde uns sehr weiterhelfen, wenn wir das herausfanden.
Der Professor war den ganzen Tag über recht nachdenklich und er meinte, er dachte über das fehlende Teil nach. Weiter ging er nicht darauf ein und grübelte weiter. Er nahm alle Aufzeichnungen und las sie nochmal durch, bis er am Abend etwas entdeckte.
Ich würde gern mit ihrem Patienten Mr. Renfield sprechen“, sagte er plötzlich.
Ich erklärte ihm, dass er heute Abend nicht mehr mit ihm reden könne, aber morgen, was ihn zufrieden stellte.
Nun werde ich auch schlafen.
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